denkengehen: Das anatomische Glück des modernen Wanderers

Der menschliche Körper ist für ein Leben mit Bewegung programmiert. Ohne Bewegung können sich unser Skelett, die Muskulatur und die inneren Organe nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Der Körper würde degenerieren.

Zumindest in der westlichen Welt muss der überwiegende Teil der Bevölkerung heute auch nicht mehr körperlich schwer arbeiten, sondern übt seinen Job im Sitzen aus. Wer dann keinen Ausgleich im Sport sucht oder sich wenigstens regelmäßig bewegt, etwa spazieren geht, hat ein Problem. Das liegt daran, dass der menschliche Körper bewegt werden muss, sonst baut er ab.

Haben sich unsere Vorfahren noch deutlich mehr bewegt, werden wir dagegen immer bequemer und gemütlicher. „Der Mensch ist eigentlich dafür gebaut, sehr große Strecken zurückzulegen. Doch durch die moderne Lebensweise kommt Bewegung kaum noch in unserem Alltag vor“, so Prof. Perikles Simon, Leiter der Sportmedizin an der Universität Mainz.

Der gesamte Körperbau ist für den aufrechten Gang perfektioniert. Es sind nicht nur die Form und der Aufbau der Füße, mit Füßgewölbe und in einer Reihe stehenden Zehen. Während wir durch die Landschaft wandern, tun wir das mit einer leichten x-Beinigkeit. So liegen die streckfähigen Kniegelenke unter dem Körperschwerpunkt. Das Becken kann dank seiner Form die inneren Organe abstützen und bietet eine gr0ße Ansatzflächen für den großen Gesäßmuskel, der die Beinstreckung ermöglicht. Nebenbei balanciert unser Kopf auf der Wirbelsäule, deren S-Form – verbunden mit einer Schwerpunktverlagerung ins Becken – den Gang ermöglicht. Dazu kommt ein fein arbeitendes Gleichgewichtsorgan im Innenohr, das dem Körper signalisiert, wo ihm gerade der Kopf steht.

Die Vorteile all dieser Komponenten sind u.a. eine bessere Rundumsicht, eine Minimierung des Wasserverlustes durch Verdunstung und die Möglichkeit, die Hände in vielfältige Weise einzusetzen. Somit wurde ein mehr an Nahrungsaufnahme und die Verteidigung gegen Feinde möglich.

Eine unglaubliche Leistung mehrerer parallel ablaufender Funktionen – und dabei kommen wir nur selten ins Stolpern.

Im Vergleich zu den nächsten Verwandten aus dem Tierreich läuft der Mensch sehr effektiv. „Betrachtet man den Muskelmasseneinsatz von Schimpansen, die sowohl auf allen vieren als auch zweibeinig laufen, stellt man fest, dass die Affen im Vergleich zum Menschen doch wesentlich mehr Muskelmasse für den aufrechten Gang benötigen“, erklärt Perikles Simon, Sportmediziner von der Universität Mainz. „Die Tiere sind also vergleichsweise ineffektiv. Der Mensch braucht für den Gang nur etwa ein Viertel der aktiven Muskelmasse eines Schimpansen.“

Ulrich Grober: „Gesundheit bekommt man nicht im Handel sondern durch den Lebenswandel.“

denkengehen: Häufiges Gehen ist gesund

Die Füße der meisten Menschen stecken einen Großteil des Tages unbeweglich in Schuhen. Barfußlaufen stärkt die Fuß- und Gelenkknochen und verstärkt unter anderem die Ausschüttung von Wachstumshormonen. Dadurch werden die Wände der Blutgefäße stabilisiert. Weiterhin werden die Lymphgefäße und -bahnen aktiviert. Waldboden ist optimal zum Laufen und der Aufenthalt im Wald, besonders auch die Waldluft, verstärkt die heilende Wirkung bei Stress, Depressionen und sogar Krebserkrankungen.

Depressionen
Studien belegen, dass Gehen und Joggen bei Depressionen in einem ähnlichen Maße wirksam sind wie eine medikamentöse Therapie.

Cortisol senken
20 bis 30 Minuten Gehen in einer naturnahen Umgebung reichen aus, um den Spiegel des Stresshormons Cortisol effektiv zu senken.

Knochen und Gelenke
Regelmäßige Spaziergänge stärken Knochen und Gelenke. Arthritis wird gebessert und die Bewegungsfähigkeit nimmt zu.

Übergewicht und Bauchfett
Tägliches Gehen senkt das Risiko für Bluthochdruck und Herzinfarkt. Wer jeden Tag 30 – 60 Minuten zügig geht, nimmt ab und verliert entzündungsförderndes Bauchfett.

Diabetes
1000 Schritte pro Tag senken den Blutzucker von Diabetikern doppelt so stark wie ein gängiges Medikament (Metformin).

Gehirn
Bewegung regt die Hirnaktivität stark an. Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit und das Lernvermögen nehmen zu.

Immunsystem
Studien belegen, dass häufiges Gehen das Immunsystem stärkt. So können Krankheitserreger besser bekämpft werden.

Herz-Kreislauf
Regelmäßiges Gehen stärktden Kreislauf und die Gefäße. Damit sinkt das Risiko fürBluthochdruck und Herzinfarkt.

Sturzrisiko im Alter
Viel Bewegung reduziert den altersbedingten Abbau der Muskeln und verbessert den Gleichgewichtssinn, was das Sturzrisiko verringt.

Demenz
Ältere Menschen, die häufigspazieren gehen, können den Fortschritt einer beginnenden Demenz um etwa 50 Prozent verlangsamen.

Quelle: Stuttgarter Zeitung vom Sa 15. Mai 2021